Situation: Am Ende eines wunderschönen «Filasez unterwägs»-Tages waren zwei Kinder einige Minuten vor der Rückkehr in die Filasez plötzlich verschwunden. Nach intensiver Suche vor Ort und in der weiteren Umgebung, Polizei benachrichtigen, Grosseinsatz-Vorbereitung wurden sie zwei Stunden später bei einem der beiden daheim wohlauf gefunden. Sie waren den langen Weg nach Hause gelaufen. Die Erleichterung und Dankbarkeit war bei allen riesengross.
Und nun? Leben heisst Erfahrungen machen und Lernen. Immer.
Deshalb gingen am nächsten Morgen János und Daisy mit der Gruppe ins Turnen, und ich blieb mit den beiden Kindern in der Filasez und führte sie direkt ins Bewegungszimmer. Da sassen wir, jedes auf seiner Matte. Ich: «Wüssid ier, was geschter gsi isch?» Kinder: «Mier sind abghauen.» Ich: «Stimmt. Und das lueget mier jetz mitenand numal genau a.» Sie wollten erst nicht darüber sprechen, und so beschrieb ich ihnen ruhig, mit mehreren Sprech-Pausen, was und wie wir Erwachsene alles erlebt hatten. Das Suchen. Die Gespräche. Die Gedanken. Die Gefühle. Die Kinder waren während der ganzen Zeit angespannt, aufmerksam, konzentriert. Danach erzählten sie ehrlich, ohne einander zu beschuldigen, ihre Beweggründe. «Mier hend welle länger zäme spiele.» Es kamen Gefühle, Tränen. Stille. Nach einer Weile fragten sie «Müend mier jetz de ganzi Morge im Zimmer sitze?» Es waren inzwischen 50 Min. vergangen. «Nei, aber genau so lang, wie mier jetz da sitzed, hend mier üch geschter gsuecht!» Die Kinder machten grosse Augen. «Und denn hend mier mit de Polizei numal eso lang gredet und üch witer gsuecht!» Ihr Erstaunen wurde noch grösser. «Soooo lang??» «Chönd ier üch jetz vorstelle, wie’s üchne Mami’s und üs gange isch?» Sie nickten betroffen. «Möchtet ier ihne zeige, dass sie üch wichtig sind?» Ein freudiges und erleichtertes «Ja!» kam als Antwort. «Und was isch wichtig, wenn mier i de Filasez unterwägs sind? Was chönd ier de andere Chinde verzelle, wo üch jetz klar isch?» «Mier bliibet immer alli zäme. Mier lueged ufenand. Lose!»
Nach einem kurzen Znüni ging die intensive Verarbeitung weiter. «Was möchtisch dim Mami säge? Was isch dier wichtig?» So entstanden zwei sehr persönliche, berührende Briefe. «Chömmer jetz gu spiele?» «Nei, jetz mached mier nu Zättel, was für’s unterwägs si i de Filasez wichtig isch.» Auch das brauchte wieder Zeit. «Chömmer jetz gu spiele?» «Nei, es isch gli Mittag! Und jetz gönd mier mitenand veruse.» Bei der Feuerstelle, wo nach Neujahr die Weihnachtsbäume verbrannt worden sind, zündete jedes Kind als Symbol, dass nun diese «Geschichte» beendet ist, seine Tüte, in der ein Finken für die Spurensicherung aufbewahrt worden war, an.
Leben heisst Erfahrungen machen und Lernen. Immer. Auch für uns Erwachsene.
Ich bin dankbar, dass diese Geschichte ein Happy-End hat, dass wir allem was in der Filasez geschieht offen begegnen, dass FEHLER wertvolle «HELFER» sind, und dass jeder neue Tag sehr viele wertvolle Lern-Möglichkeiten bietet.